Seit dem Schuljahr 2006/2007 ist an der Freiherr-vom-Stein-Realschule das Trainingsraumkonzept nach Ford eingeführt worden.
Das Trainingsraumprogramm fußt auf der Wahrnehmungskontrolltheorie, die in den USA durch den Sozialarbeiter Ed Ford zur Bewältigung von Unterrichtsstörungen gangbar gemacht worden ist. S. Balke
(www.trainingsraum.de) und H. Bründel schlossen konzeptionell an diese Erfahrungen an und trugen zur
Verbreitung des Trainingsraumkonzeptes in Deutschland bei.
Die grundlegenden Ideen unseres Nachdenkraumkonzeptes orientieren sich am Trainingsraumprogramm von Ford, wurden aber aufgrund unterschiedlicher Schwerpunktsetzungen modifiziert, so dass sie nur
in adaptierter Form übernommen werden konnten. Das führte an unserer Schule auch zur Namensänderung „Nachdenkraum“.
Zielsetzung:
In vielen Klassen leidet der Unterricht darunter, dass es SchülerInnen gibt, die den Unterricht häufig stören. Unter diesen Störungen leiden dann alle Beteiligten, ebenso die Störenden selber,
auch wenn sie das nicht unmittelbar einsehen wollen.
Das Nachdenkraumprogramm bietet die Möglichkeit, künftig anders mit Störungen der SchülerInnen umzugehen. Diejenigen, die sich im Unterricht nicht an die vereinbarten und besprochenen Regeln
halten können, verlassen den Unterricht und werden im Nachdenkraumraum betreut. Dadurch wird einerseits die übrige Lerngruppe geschützt und andererseits erhalten die störenden Kinder und
Jugendlichen ein zusätzliches Hilfsangebot, mit dem sie lernen, ihr Störverhalten zu erkennen, zu reflektieren und bestenfalls zu verringern oder einzustellen.
Das Programm basiert auf drei Grundregeln:
Ein wesentliches Ziel des Programms besteht darin, die lernbereiten SchülerInnen zu schützen und ihnen ungestörten Unterricht anzubieten. Ein weiteres wichtiges Ziel ist es, den häufig störenden
SchülerInnen Hilfen anzubieten, die darauf ausgerichtet sind, ihr Sozialverhalten zu verbessern.
Der Nachdenkraum wird an der Freiherr-vom-Stein-Realschule durch ein Team von Ehrenamtlichen besetzt. Die Sozialpädagogin Frau Aschermann übernimmt die Koordination und dient den Ehrenamtlichen
als Ansprechpartnerin. Unser Nachdenkraumkonzept wurde von Anfang an als ein offenes Konzept angelegt. In den Teamsitzungen werden regelmäßig Evaluationen durchgeführt und Verbesserungen
angestrebt.
Der Ablauf in Kürze:
Im Unterricht
Der Lehrer/die Lehrerin weist auf die massive Störung des Schülers /der Schülerin hin.
Aufforderung an die Person, sich zu entscheiden: Aufhören mit dem Stören oder Verlassen des Unterrichtsraumes; Aussprechen der ersten Verwarnung.
Der Name der ermahnten Person wird an die Tafel geschrieben.
Stört der Schüler/die Schülerin erneut, muss er/sie die Lerngruppe mit einem Laufzettel für den Nachdenkraum verlassen.
Im Nachdenkraum
Der Laufzettel wird abgegeben. Dort hat der/die unterrichtende Lehrer/in den Namen des/der Schüler/in eingetragen, die Störung und die Uhrzeit, zu der die Person die Klasse verlassen hat.
Eintrag in die Anwesenheitsliste des Nachdenkraums
Der/die Ehrenamtliche im Nachdenkraum wendet sich an den/die Schüler/in und fragt, ob er/sie schon einmal im Nachdenkraum war und deshalb das Verfahren bereits kennt. Gegebenenfalls wird es
erklärt.
Der/die Schüler/in erhält die Möglichkeit, die Situation im Unterricht noch einmal zu schildern, und zu überlegen, warum er/sie gestört hat. Es soll keinesfalls darum gehen, Partei für den/die
Schüler/in oder die Lehrperson zu ergreifen, sondern den Eigenanteil des Schülers/der Schülerin herauszuarbeiten und klar zu benennen. Den SchülerInnen wird Raum zum Erzählen gegeben und es
werden Handlungsalternativen zum störenden Verhalten besprochen.
Nach dem Gespräch bekommt der Schüler/die Schülerin einen Zettel mit, auf dem steht, dass ein Gespräch stattgefunden hat, damit die Lehrperson weiß, dass der Schüler im Nachdenkraum angekommen
ist. Zudem besteht die Möglichkeit für die Ehrenamtlichen auf diesem Zettel zu vermerken, wenn noch Gesprächsbedarf mit der Lehrerin/dem Lehrer besteht.
Werden starke persönliche Konflikte oder Mobbing in diesem Gespräch deutlich oder entsteht bei den Ehrenamtlichen der Eindruck, dass massive häusliche Probleme hinter dem Verhalten im Unterricht
stecken, so werden diese Informationen an die Schulsozialarbeiterinnen weitergegeben.
Elterngespräche
Ein wichtiger Bestandteil der Nachdenkraummethode sind Elterngespräche. Sie unterstreichen das Ziel, die Erziehungspartnerschaft zwischen Schule und Elternhaus zu festigen. Beim 2. Aufenthalt im
Monat im Nachdenkraum werden die Eltern zunächst schriftlich über die Anzahl der Aufenthalte informiert. Sucht ein Schüler/eine Schülerin zum 3. Mal den Nachdenkraum auf, bekommt er/sie einen
Tadel. Beim 4 Mal im Monat werden die Eltern zu einem Gespräch mit der Schulsozialpädagogin eingeladen. Zusammen mit dem betreffenden Schüler/der Schülerin wird überlegt, was dem Schüler/der
Schülerin helfen könnte, sein störendes Verhalten einzustellen und wie die Eltern oder andere Personen ihn/sie dabei unterstützen können. Sollte ein Schüler/eine Schülerin den Nachdenkraum
fünfmal im Monat aufsuchen, bekommt er/sie eine Ordnungsmaßnahmenkonferenz.
Das Nachdenkraumkonzept erhebt keinen Anspruch darauf, ein Patentrezept der Pädagogik zu sein. Vielmehr kann er als ein Bestandteil eines umfassenden Gesamtkonzeptes verstanden werden, in dessen
Mittelpunkt das eigenverantwortliche Denken und Handeln steht.